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Di, 09. Mai 2023

NEIN zum Doppelhaushalt 2023/2024

Verabschiedung des Doppelhaushaltes der Stadt Freiburg i. Br. für die Jahre 2023 und 2024

Rede des Vorsitzenden der Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat der Stadt Freiburg i. Br., Prof. Dr. Johannes Gröger, am 09. Mai 2023.

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Bürgermeisterin, verehrte Bürgermeister,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

gestatten Sie mir, meine Ausführungen zu den heutigen Haushaltsberatungen mit einem Zitat zu beginnen, welches aus dem Vorwort des Herrn Oberbürgermeisters anlässlich der Einbringung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2021 und 2022 stammt.

„Ein zweites Mal ist ein Haushalt mit dieser Schuldenaufnahme und Kassenentnahme nicht verantwortbar.“

Wie eben erwähnt: Das Zitat stammt von Oberbürgermeister Horns Einbringungsrede für den letzten Doppelhaushalt, der eine neue Verschuldung von zweimal 45 Millionen Euro und Kassenentnahmen in Höhe von circa Euro 60 Millionen Euro vorsah.

Natürlich verkennen auch die Freien Wähler nicht, dass sich in der Zwischenzeit auf der Weltbühne gravierende Veränderungen ergeben haben, aber dennoch sei darauf hingewiesen, dass der heute zum Beschluss vorgelegte Doppelhaushalt für die Jahre 2023 und 2024 eine Neuverschuldung von zweimal 40 Millionen Euro sowie Kassenentnahmen in Höhe von insgesamt 66 Millionen Euro vorsieht. Hinzu kommen Ausgaben in Höhe von über 21 Millionen Euro, die in das Jahr 2022 verschoben wurden, obwohl dies nach den Grundsätzen einer ordentlichen Buchführung nicht rechtmäßig ist. Des Weiteren müssen wir einen erheblichen Verbrauch des Eigenkapitals bei unseren städtischen Gesellschaften feststellen. Wir reden also letztendlich über eine strukturelle Unterdeckung des Doppelhaushaltes in Höhe von circa 170 Millionen Euro.

Wie die Fraktion der Freien Wähler bereits mehrfach ausgeführt hat, könnte man diese Rahmenbedingungen des Doppelhaushaltes möglicherweise noch akzeptieren, wenn auch nur andeutungsweise absehbar wäre, dass sich die Bürgermeisterbank, aber auch eine Mehrheit des Freiburger Gemeinderates auf den Weg machen würde, beziehungsweise zumindest im Ansatz Entschlossenheit zu erkennen wäre, dem strukturellen Defizit des Freiburger Haushaltes eine kraftvolle Antwort entgegenzusetzen.

In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir, das von mir bereits begonnene Zitat des Oberbürgermeisters zu vervollständigen:

„Wir machen uns deswegen jetzt auf den Weg, einen Modernisierungs- Konsolidierungs- und Restrukturierungsprozess einzuläuten. Für den Prozess „Impuls für Wandel und Innovation“ hat uns der Gemeinderat im Zuge der Haushaltsberatungen grünes Licht gegeben. Wir werden prüfen, welche Aufgaben heute noch sinnvoll sind, wo neue Aufgaben zu leisten sind und wie wir uns dafür aufstellen. Es wird kein leichter Weg sein, dieses strukturelle Defizit abzubauen. Aber wir werden ihn gehen, um auch in den nächsten Haushalten handlungsfähig zu bleiben.“

Soweit der Oberbürgermeister vor zwei Jahren. Es stellt sich nun die Frage, was in dieser Zeit tatsächlich passiert ist.

Es wurde immer viel über PIWI gesprochen, und es gab dazu auch die ein oder andere Sitzung der gemeinderechtlichen Arbeitsgruppe. Tatsächlich, und dies muss man leider feststellen, ist in diesen zwei Jahren jedoch nichts passiert.

Kein einziges Vorhaben wurde begonnen. Viele Ideen verworfen. Von einem Modernisierungs-Konsolidierungs-, geschweige denn Restrukturierungsprozess, kann nicht einmal ansatzweise gesprochen werden.

Den Entscheidungsträgern in dieser Stadt fehlen schlichtweg der Mut und die Entschlossenheit, unangenehme Themen anzusprechen und insoweit auch Veränderungen auf den Weg zu bringen. Doch ohne diesen Mut werden sie letztendlich keine einzige Restrukturierungsmaßnahme in dieser Stadt erfolgreich umsetzen können.

Im Zusammenhang mit dem Thema Intendanz des Freiburger Stadttheaters habe ich mich schriftlich an den Ersten Bürgermeister gewandt und angefragt, ob es nicht auch sinnvoll ist, über die Frage einer Neuaufstellung des Stadttheaters sowie des Konzerthauses nachzudenken, zum Beispiel nach dem Vorbild eines Festspielhauses, wie es in Baden-Baden existiert. Es ist bemerkenswert, dass bis zum heutigen Zeitpunkt eine - wie auch immer geartete - Stellungnahme, nicht vorliegt. Was spricht gegen ein ehrliches Nachdenken, verbunden mit dem Ziel, Kulturlandschaft letztendlich zu stärken, und nebenbei auch noch viele Millionen Euro einzusparen?

Es hat sich zudem leider gezeigt, dass ohne den von uns eingeforderten externen Sachverstand eine Verwaltungs- und Organisationsreform schlichtweg nicht möglich sein wird.

Im Endergebnis bedeutet ein solches Finanzgebaren der Stadt Freiburg, dass noch vor zwei Jahren eine Gesamtverschuldung des Konzerns Freiburg in Höhe von 1,6 Milliarden Euro prognostiziert wurde. Die uns nun vorgelegte mittelfristige Finanzplanung sieht hingegen bereits eine Gesamtverschuldung der Stadt Freiburg sowie ihrer Eigenbetriebe und Gesellschaften in Höhe von fast 2 Milliarden Euro vor. Nachdem der Oberbürgermeister in seiner Einbringungsrede von vor zwei Jahren noch den Optimismus geäußert hatte, er wolle nach seinem selbst formulierten Anspruch einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, enthält der aktuelle Entwurf keinerlei Hinweise mehr darauf, dass die ernsthafte Absicht besteht, zukünftige Haushalte ohne neue Schulden vorlegen zu wollen.

In letzter Konsequenz bedeutet ein Schuldenstand von nahezu 2 Milliarden Euro nichts anderes, als dass der Stadt Freiburg, und damit natürlich auch dem Gemeinderat mannigfaltige Handlungs- und Gestaltungsoptionen genommen werden, denn allein die Belastung durch die für die Schulden entstehenden Zinsen wird ein Volumen von jährlich circa 50 Millionen Euro erreichen. Wenn man bedenkt, dass wir von einer Zinslast in der Größenordnung von 3 bis 4 Millionen Euro jährlich kommen, und in dem Betrag in Höhe von jährlich 50 Millionen Euro noch kein einziger Cent Tilgung beinhaltet ist, muss man den Finanzstatus der Stadt Freiburg als geradezu dramatisch beschreiben. Nachhaltige Politik sieht nach Auffassung der Fraktion der Freien Wähler anders aus.

Lassen Sie mich nun in der gebotenen Kürze noch zu zwei Themen des aktuellen Haushaltes kommen, die auch für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt von besonderem Interesse sind:

Anhebung der Kitagebühren

Gerne greife ich auch hier auf eine klare Aussage des Oberbürgermeisters zurück, die jedoch aus dem Jahre 2018 stammt. In einem Interview mit dem Magazin Chilli hat Herr Horn auf die Frage, weshalb er die geplante schrittweise Erhöhung der Kitagebühren um 20 % eingefroren hat, geantwortet:

„Weil ich es im höchsten Maße für sozial fragwürdig halte, dass wir Familien mehrfach belasten. Wenn eine junge Familie in Freiburg eine bezahlbare Wohnung sucht, hat sie schon kaum eine Chance. Dann noch steigende Kita-Gebühren, das ist zu viel.“

Genau diese Einschätzung begründet auch unsere ablehnende Haltung der von der Verwaltung geplanten Erhöhung der Kitagebühren. Die Menschen in dieser Stadt und in diesem Land werden über alle Maßen belastet. Eine rasante Inflation, enorm gestiegene Kosten für das Wohnen sowie für Energie, und letztendlich auch die von der Stadt zusätzlich beschlossenen Belastungen, wie zum Beispiel die extreme Anhebung der Anwohnerparkgebühren, haben insgesamt die Grenze des Zumutbaren erreicht. Weitere Gebührenerhöhungen sind nach Auffassung der Freien Wähler schlichtweg nicht mehr vertretbar.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn,

Sie haben in Ihrer Einbringungsrede ausdrücklich das Thema Wohnungsbau und bezahlbares Wohnen angesprochen. Daher möchte ich auch hierzu einige Anmerkungen machen.

Da es heute um die Verabschiedung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2023 und 2024 geht, weise ich noch einmal darauf hin, dass die Stadt Freiburg, und hiermit meine ich die Bürgermeisterbank und die Mehrheit des Gemeinderates, ohne Not eine sogenannte Neustrukturierung der Freiburger Stadtbau beschlossen haben, die dem städtischen Haushalt schlussendlich mindestens 150 Millionen Euro kosten wird.

Hier muss ausdrücklich nochmals hervorgehoben werden, dass das Regierungspräsidium bei der Genehmigung des letzten Haushaltes darauf hingewiesen hat, dass dieser Beschluss unter dem erheblichen Vorbehalt der Finanzierbarkeit steht. Dies zu einem Zeitpunkt, als noch davon auszugehen war, dass der jetzt vorgelegte Haushalt nicht erneut mit einer Rekordverschuldung endet.

Unsere Fraktion hätte daher schon erwartet, dass Sie zumindest die Finanzierbarkeit dieses Beschlusses thematisieren und erklären, weshalb Sie die bereits genannten 150 Millionen Euro bereit sind aufzuwenden, ohne dass letztendlich eine einzige Wohnung mehr entstehen wird. Erfreulicherweise ist in diesem Haus inzwischen eine Tendenz zu erkennen, die der Freiburger Stadtbau möglicherweise gestatten wird, von der Vorgabe, dass nur 25 % der gebauten Wohnungen verkauft werden dürfen, abzuweichen.

In gleicher Weise hat der Freiburger Gemeinderat im Zusammenhang mit dem ersten Teil-Bauabschnitt des geplanten Stadtteil Dietenbach den eigenen Beschluss, wonach Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben werden dürfen, aufgegeben. Was die Freien Wähler natürlich freut. Unsere Fraktion geht davon aus, dass der überwiegende Teil der Grundstücke in Dietenbach veräußert werden muss, denn anders wird sich der neue Stadtteil nicht finanzieren lassen.

Die Erfahrungen mit dem Baugebiet Kleineschholz zeigen mehr als deutlich, dass eine sinnvolle Vermarktung von Grund und Boden die Grundvoraussetzung für die Finanzierbarkeit einer städtischen Entwicklungsmaßnahme ist. Obwohl der Gemeinderat im Prinzip das Gesetz des Taschenrechners erkannt hat, war er noch in der letzten Gemeinderatssitzung bereit, bei der Kofinanzierung des Baugebietes Kleineschholz einen Betrag in Höhe von über 39 Millionen Euro im Rahmen der sogenannten Einmalablöse von Erbbaurechten zu akzeptieren. Auch dies ist keine seriöse Finanzpolitik.

Unsere Fraktion, dies haben wir bereits mehrfach gefordert, verlangt eine grundlegende Wende, wenn es darum geht, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Weder der 50:50 Beschluss, geschweige denn der Beschluss, dass nur noch Erbbaurechte vergeben werden, werden sich letztendlich in der Wirklichkeit wiederfinden. Dies sollte sich der Freiburger Gemeinderat eingestehen, um den Akteuren der Bauwirtschaft, die für die Realisierung des Stadtteils Dietenbach benötigt werden, wieder Mut zum Bauen zu machen. Zu diesen Akteuren zählen natürlich auch ausdrücklich die etablierten Baugenossenschaften, denen endlich wieder eine Perspektive für den Erwerb von Grundstücken gegeben werden muss, damit die Bereitschaft in Kleineschholz, aber auch in Dietenbach zu investieren und zu bauen, wiederhergestellt wird.

Dass das vom Oberbürgermeister eingeführte Referat für bezahlbares Wohnen, die jährlichen Kosten bis zu einer Million Euro seines Gelds nicht wert ist, hat er nun erfreulicherweise auch selbst erkannt. Nachdem zunächst eine Stelle dieses Referats in das Rechtsamt verschoben wurde, wandert das Referat nun endlich in das Bauamt, wo es von Beginn an hingehört hätte, wenn man es denn überhaupt für nötig hält. Die Erfolgsstory dieses Referates erschöpft sich nämlich im Wesentlichen in der Schaffung von 16 Stellplätzen für Wagenburgler.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

unsere Stadt steht vor gewaltigen Aufgaben, aber auch vor großen Erwartungen der Bürgerschafft.

Der Gemeinderat hat beschlossen, dass der zweite Bauabschnitt des Rathauses im Stühlinger gebaut wird, was mit Sicherheit weitere 100 Millionen Euro kosten wird.

Der Freiburger Gemeinderat steht bei den Bürgerinnen und Bürgern im Wort, wenn es um den Bau eines neuen Eisstadions geht. Auch die Neuordnung des Themas Gewerbeschulen in Freiburg steht auf der Agenda. Darüber hinaus gibt es einen enormen Investitionsstau bei den Freiburger Schulen, aber auch bei sonstigen Bauwerken und Straßen. Dies alles stellt die Stadt Freiburg vor enorme finanzielle Herausforderungen, die eine strenge Haushaltsdisziplin zwingend erfordert hätten.

Und nicht zuletzt erfordert auch die Entwicklung der Freiburger Innenstadt Kreativität und Handlungswille. Nach unserer Überzeugung sehen wir gegenwärtig erst den Beginn eines grundlegenden Wandels, wenn es um die Themen Innenstadt und Einzelhandel geht. Auch hier werden die Kommunen gefragt sein und es wird mit dem Aufstellen von ein paar Stühlen nicht getan sein. Die Themen Erreichbarkeit der Innenstadt sowie der Ausbau des ÖPNV seien in Bezug auf die auch insoweit enormen finanziellen Herausforderungen erwähnt.

Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,
verehrte Bürgermeisterin, verehrte Bürgermeister,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

um den von mir aufgezeigten Aufgaben in der Zukunft gerecht werden zu können, hätte es eines soliden und ohne erneuter Rekordverschuldung vorgelegten Doppelhaushalten bedurft. Von all dem ist bei dem hier vorliegenden Doppelhaushalt nichts zu spüren. Dass die Fraktion der Freien Wähler einem solchen Finanzgebaren nicht zustimmen kann, versteht sich von selbst. Wir lehnen daher den Doppelhaushalt 2023/2024 ab.

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Termine
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23.04.2024 - 23.04.2024
16:00 Uhr bis 19:00 Uhr
4. Sitzung des Gemeinderates
Neuer Ratssaal des Rathauses


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